"Trinidad is nice – Tobago is paradise!"
Liming im Rhythmus des Reggae in Trinidads "Vorgarten"
Der Inselstaat Trinidad und Tobago liegt vor der Nordküste Südamerikas und gehört zu den Kleinen Antillen. Das kleine Tobago liegt zwischen der südlichen Karibik und dem Atlantik – hier kann man also in zwei Meeren tauchen!
von Bettina Bormann
Trinidad is nice, Tobago is paradise – so heißt es hier ohne jede Spur von Bescheidenheit gegenüber der größeren Schwesterinsel. Und tatsächlich wartet dieses Eiland in der Karibik gleich mit einer ganzen Reihe von Superlativen auf: Herrliche Strände, die der Phantasie von Location Scouts für Werbespots zu entstammen scheinen, phantastische Tauchgründe in zwei Meeren, eine einzigartige Vogelwelt, das wahrscheinlich älteste Naturschutzgebiet der Welt im Main Ridge Forest Reserve und unfassbar grundentspannte Einwohner, die gegenüber Touristen eine freundliche Neugier zeigen, sich aber auch gern wieder ihren eigenen Angelegenheiten zuwenden. Der Sound der Insel ist geprägt von den Steel Pans, der Rhythmus der Insel vom allgegenwärtigen Reggae.
Langsam gewöhnen sich die Augen an die Dunkelheit. Nach und nach ist eine Handvoll Menschen zu erkennen, die im Halbkreis stehen. Was diese Leute dazu bringt, sich in der Schwärze der Nacht hier am Turtle Beach in Tobago aufzuhalten, ist ein Schauspiel, das sich zwischen April und August fast jede Nacht ereignet: eine Lederschildkröte legt ihre Eier ab! Die Beobachter verfolgen das Geschehen gebannt; einige lächeln, alle wirken sehr bewegt. Das Schnaufen des mehr als 180 Zentimeter langen Tieres ist zu hören. Es vollbringt eine gewaltige Kraftanstrengung: Es hat eine Reise von Tausenden von Meereskilometern hinter sich, um an den Strand zurückzufinden, an dem es selbst einst geschlüpft ist, es hat sich durch die wilde Brandung ans Land gekämpft, es hat einen Platz ausgewählt, mit seinen hinteren Flossen eine rund einen Meter tiefe Kuhle gegraben und legt nun seine 50 bis 100 Eier. Ein fremder Geruch liegt in der Luft. Schildkrötenschweiß! Aus den Augen der Lederschildkröte scheinen Tränen der Anstrengung zu rinnen. Nach einer Weile beginnt sie, die Kuhle mit dem Gelege mit Sand zu bedecken.
Während der ganzen Zeit scheint sich die Schildkröte nicht daran zu stören, dass sie von Schaulustigen umringt ist. Es heißt, sie sei in einer Art Trancezustand. Neben Touristen sind es vor allem freiwillige Tierschützer von der Organisation „SOS - Save our Seaturtles“, die den Vorgang beobachten. Sie messen das Tier, überwachen die Eiablage und dokumentieren die Daten. Sie achten auch darauf, dass sich alle Umstehenden an die Regeln halten: Das Tier nicht berühren, sich nicht zu sehr nähern, keinen Unrat auf den Boden werfen, keine Hunde, kein Blitzlicht.
Die Lederschildkröte hat inzwischen ihr Gelege vergraben. Die Sonne wird dafür sorgen, dass die Eier ausgebrütet werden und in rund sechs Wochen werden die Jungen schlüpfen und sogleich ins Wasser eilen. Jahre später werden die weiblichen Tiere ebenfalls an diesen Strand zurückkehren. Die Schildkröte kämpft sich ins Meer zurück und verschwindet. Die Tierschützer verwischen ihre Spuren im Sand, um das Gelege vor Eierdieben zu schützen, obwohl sich mehr und mehr das Verständnis durchsetzt, dass der Nachwuchs dieser bedrohten Tierart unbedingt geschützt werden muss.
Die Erkenntnis, dass die Natur schützenswert ist, hat auf Tobago eine lange Tradition: Bereits seit dem Jahr 1776 wird der Regenwald geschützt; damit dürfte er das älteste Naturschutzgebiet der westlichen Welt sein. Bei einer geführten Wanderung kann man riesige Schmetterlinge und viele Vogelarten beobachten. Vogelkundler können eine beeindruckende Artenvielfalt vor allem auf den kleinen Nachbarinseln Little Tobago und St. Giles bewundern. Rund um diese Miniinseln im Atlantik finden Taucher traumhaft schöne Spots mit großem Fischreichtum. Achtung: Strömung! Es kann ziemlich zugig werden! Das ist allerdings mit ein Grund dafür, dass sich hier auch mal größere Fische blicken lassen. Auf Goat-Island, direkt vor dem Strand von Speyside, lebte übrigens der James Bond-Autor Ian Fleming.
Am andere Ende der Insel können Taucher die karibische Badewanne genießen. Hier findet man auch die Traumstrände, die wie geschaffen für Postkartenmotive sind: Unfassbar azurblaues Wasser, weißer, feiner Sand vor Kokospalmen, die sich lieblich gen Wasseroberfläche beugen. Was allerdings wirklich kaum zu glauben ist: Man ist hier fast allein am Strand von Pidgeon Point. Wie schon gesagt: Tobago is Paradise!
„Hey, Leute, woher kommt ihr?“ Der Mann, der uns auf der Straße anspricht, trägt eine Häkelmütze in den Farben der äthiopischen Flagge. Unsere strahlend weiße Haut verrät, dass wir Neuankömmlinge auf Tobago sind. „Aus Deutschland“, entgegne ich höflich. Er nickt, fragt was wir vorhaben. Wir sagen es ihm. Er zeigt uns ein breites Grinsen: „Habt noch viel Spaß auf unserer schönen Insel“, und geht seiner Wege. An Ständen mit Kunsthandwerk, Häkelwaren, T-Shirts und Strandtüchern, die allesamt das Konterfei der Reggae-Ikone Bob Marley tragen, schlendern wir weiter entlang. Alle sind vollauf mit sich selbst beschäftigt. Sie unterhalten sich, häkeln, dösen in der Hängematte oder blicken aufs Meer, viele nicken uns freundlich zu; niemand fordert uns zum Kauf auf.
Auf dem Rückweg vom Strand sollte man in der Bar Bago’s einkehren, um dort auf den Sonnenuntergang zu warten. Man kann sie nicht verfehlen, es ist die einzige. Allerdings herrscht hier karibische Lässigkeit; bloß keine zügige Bewirtung erwarten! Nach Sonnenuntergang schließt die Bar. Wer dann Ausschau nach Alternativen hält, wird enttäuscht. Wirklich etwas los ist hier nur am Sonntag: Sunday School! Die ganze Insel ist dann unterwegs, um bei diesem wöchentlich stattfindenden Straßenfest mitzumischen. Hier tanzen Einheimische und Touristen gleichermaßen zu der Musik der Steelbands, tun sich am Rumpunsch gütlich und genießen die karibische Hausmannskost, die füllige Damen in bunten Kittelschürzen an Straßenständen kochen und verkaufen: Eintöpfe mit Kürbis und Süßkartoffeln, köstlich gewürzt – zum Fingerablecken!
Steel Pans, eine Erfindung der Einheimischen auf Trinidad und Tobago aus den 1930er Jahren, sind hier das Nationalinstrument: Die britischen Kolonialherren verboten das Trommeln auf afrikanischen Schlaginstrumenten, darum nutzten die schwarzen Arbeiter in der Ölindustrie leere Ölfässer zum Musizieren. Bespielt wird das Instrument mit Holzschlegeln.
Wenn die Einheimischen über Trinidad, die große Schwester Tobagos sprechen, dann schwingen zwei Emotionen mit: Furcht und Neid. Auf Trinidad gibt es die lukrativen Arbeitsplätze in der Ölindustrie, dort gibt es Kriminalität, dort lebt man unsicher, dort ist alles irgendwie unübersichtlich. So wie sich eben Menschen auf dem Lande das Leben in der Großstadt ausmalen. Manches davon stimmt, manches nicht. Eins jedoch unterscheidet die beiden Inseln ganz sicher: Hektik kennt man auf Tobago nicht. Liming nennen die Einheimischen, was man in unseren Breiten als Chillen bezeichnen würden. Und auch wir bewegen uns mittlerweile anders als im heimischen Norddeutschland: Der Stechschritt ist einem tänzelnden Schlurfen gewichen – wir sind angekommen im Paradies.
Infos:
Der Inselstaat Trinidad und Tobago liegt vor der Nordküste Südamerikas, zwischen Karibik und Atlantik, außerhalb des Hurrikan-Gürtels. Das kleine Tobago hat eine Fläche von rund 300 Quadratmetern, also etwas weniger als die Stadt München. Hier leben etwa 50.000 Menschen, vor allem im Westen der Insel. Touristisches Zentrum, falls man davon reden kann, ist Crown Point. Die Hauptstadt der Insel ist Scarborough.
Sprache: Englisch
Währung: Trinidad und Tobago Dollar: TT Dollar
Fortbewegung:
Um einen Mietwagen auszuleihen, muss man einen gültigen internationalen Führerschein vorlegen. Höchstgeschwindigkeit auf der gesamten Insel: 50 KM/H! Es gibt nur fünf Tankstellen auf Tobago, die abends und am Wochenende geschlossen sind! Achtung: Linksverkehr!
Bus: Im Bus kann man keine Fahrkarten kaufen, ohne Fahrkarte kann man den Bus nicht besteigen! Die Fahrscheine erhält man in ausgewählten Geschäften in den einzelnen Orten: In Charlotteville an der Tankstelle, in Crown Point in Jimmy´s Supermarket, Milford Road.
Trampen ist bei Einheimischen sehr populär. Auch für Touristen unproblematisch.
Aktivitäten:
Trinidad und Tobago ist ein Biodiversitäts-Hotspot! Geführte Touren durch den Regenwald, Schmetterlings- und Vogelbeobachtungen sind ein Erlebnis.
Tour zur Vogelinsel Little Tobago.
Das „Main Ridge Forest Reserve and Creation Site“ ist wahrscheinlich das älteste Naturschutzgebiet der Welt.
Strände: Englishman’s Bay, Parlatuvier Bay, Pigeon Point
Verträumte Örtchen: Das Fischerörtchen Charlotteville, Man O’War Bay, Pirate’s Bay
Tauchen:
Im Nordwesten Tobagos liegt das Buccoo Reef mit rund 40 Korallenarten und mehr als 70 Fischarten. Es soll 10.000 Jahre alt sein! Hier findet man auch die größte Hirnkoralle der Welt. Ein bisschen Taucherfahrung sollte man schon mitbringen, denn die Strömung kann ungemütlich werden. Dafür stehen die Chancen aber gut, Mantas und Haie zu sehen. Sogar den seltenen und riesigen Lederschildkröten kann man unter Wasser begegnen. Speyside gilt als das Taucherzentrum auf Tobago. Im Ort gibt es einfache Restaurants, die köstliche Hausmannskost anbieten. Vorsicht bei Barfuß-Strandspaziergängen – hier wird gelegentlich die Man O’War (portugiesische Galeere) gesichtet. Die Tentakel dieser extrem nesselnden Staatsqualle können bis zu 50 Meter lang werden. Die Nesselzellen bleiben noch einige Tage aktiv, wenn die Quallen an den Strand gespült wurden.
Das Tauchen an der Karibik-Seite ist entspannter. Hier sieht man viele Schildkröten und nicht selten Ammenhaie.
Tauchen: http://extradiverstobago.eu
Ein besonderes Erlebnis: Eiablage der Lederschildkröten
Von April bis August kommen die Lederschildkröten an die Strände von Speyside, Charlotteville, in die Courland-Grafton Bay und Bloody Bay sowie Turtle Beach. Touristen können sich vom Hotel verständigen lassen, wenn eine Schildkröte an den Strand kommt. Oder sie gehen einfach in der Dunkelheit an den Strand und warten mit den Tierschützern und den anderen Touristen ab.
http://sos-tobago.org
Nightlife:
Gibt es eher nicht, Ausnahme: die Sunday School am Buccoo Reef mit Steelbands – hier wird das Tanzbein geschwungen!
Tipp: Dazustoßen wenn eine der vielen Steelbands probt, zum Beispiel die Katzenjammers in Black Rock: https://www.facebook.com/pages/Petrotrin-Katzenjammers-Steel-Orchestra/179226565498559
Anreise:
British Airways (www.britishairways.com), Condor (www.condor.com, einmal pro Woche ab Frankfurt)
Einreise: Reisepass, der noch mindestens sechs Monate gültig ist.
Klima und Reisezeit: Ganzjährig angenehme Temperaturen um 30°C, Wassertemperatur 25 bis 29°C. In der Regenzeit von Juni bis Dezember können heftige tropische Schauer fallen.
Essen:
Tobagos Küche ist geprägt von den Kolonialherren, aber auch von afrikanischen und indischen
Einflüssen; Curried Crab and Dumplings ist das Nationalgericht (gewürzte, kleingeschnittene
Krebsfleischstücke in Mehl gewälzt und gebraten mit kleinen Mehlkößchen). Conch Stew ist ein
Gulasch von großen Muscheln. Einheimische verzehren auch Leguan.
Hotel, Apartment, Guesthouse:
Grafton Beach Resort: www.graftontobago.com
Rex Turtle beach resort: www.rexresorts.com/tobago
Hibiscus Heights: www.hibiscusheights.com
Seahorse Inn: www.seahorseinntobago.com
Turtle View Guesthouse: www.turtleview.com
Birdies Nest Guesthouse: www.birdiesnesttobago.com
Speyside Inn: www.speysideinn.com
Villa Tropical: contact [email protected]
Weitere Infos:
Tobago Tourism Development Company: www.tdc.co.tt
Tobago House of Assembly: www.tha.gov.tt
Erschienen beim Raushier-Reisemagazin, 28.4.2018: https://www.raushier-reisemagazin.de/2018/04/tobago-liming-im-reggae-rhythmus-in-trinidads-vorgarten/